Gregor Schürer
Neulich an der Tanke
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Neulich an der Tanke

Mehr oder weniger alltägliche Geschichten,
von Gregor Schürer

Ich bin mit dem Auto unterwegs, die Tankleuchte geht an, ich brauche Sprit. Praktischerweise liegt gerade eine Tankstelle auf der Strecke, ein Blick auf die Preistafeln sagt mir, dass das Benzin im Moment günstig ist, ich freue mich und fahre raus.
Die Freude hält nicht lange, noch in der Einfahrt komme ich zum Stehen, es hat sich ein Rückstau gebildet.
Ich denke zunächst, das liegt am niedrigen Spritpreis und der hohen Nachfrage. Nein, es liegt daran, dass jemand zurücksetzt, weil er sich offensichtlich auf der falschen Seite der Zapfsäulen eingereiht hat. Während ich warte, komme ich ins Grübeln.
Warum wissen viele Menschen nicht, auf welcher Seite der Tankstutzen ihres Fahrzeuges ist? Es ist im Grunde ganz einfach: Meist hilft ein kurzer Blick auf das Armaturenbrett. Fast alle Hersteller weisen mit einem kleinen Pfeil an der Tankanzeige auf die richtige Seite hin. Zeigt der Pfeil nach rechts, befindet sich der Tankdeckel auf der rechten Seite des Autos. Das liegt übrigens am Heimatland des Herstellers. Deutsche wie auch fast alle europäischen und amerikanischen Autos haben den Tankdeckel auf der rechten Seite. Bei asiatischen Modellen ist er meist links.
Das hängt mit dem hier üblichen Rechtsverkehr zusammen und hat Sicherheitsaspekte. Geht einem während der Fahrt der Sprit aus und das am Straßenrand stehende Auto muss notdürftig betankt werden, liegt der Tankzugang auf der dem Verkehr abgewandten Seite.
Meine Gedanken schweifen weiter ab. Ich erinnere mich an Zeiten, als der Tankstutzen bei vielen Fahrzeugen noch mittig angebracht war. Die Frage war damals nur, ob hinten oder vorn. Aber egal, ob Mercedes – gut versteckt hinter dem hinteren, umklappbaren Nummernschild – oder VW-Käfer – vorn im Kofferraum – da war es gleichgültig, ob man rechts oder links an die Zapfsäule fuhr.
Apropos rechts oder links. Ich schaue auf und bemerke, dass nur die Plätze links von den Zapfsäulen belegt sind, rechts davon sind noch viele frei. Dafür gibt es eigentlich keinen Grund. Denn wenn man die Zapfpistole samt Schlauch weit genug aus der Zapfsäule zieht, kann man einfach hinten um das Auto herumgehen und die Pistole auf der anderen Seite in den Tankstutzen stecken. Der Schlauch ist meist vier Meter lang, das reicht auch, um den dicksten SUV zu umrunden.
Aber: Es macht so gut wie niemand. Warum? Während ich noch überlege, ob dieses Rätsel der Menschheit jemals gelöst werden kann, wird vor mir frei.
Zur Sicherheit überprüfe ich nochmal: Gottseidank, ich stehe auf der richtigen Seite.

– Blick Aktuell 05.03.24